Über das Werk
Von Laila Dandachi
Der venezianische Künstler Antonio Luciano (um 1700–1738) arbeitete als
Kupferstecher, Grafiker und Maler, [1] der für seinen Kupferstich [2] wahrscheinlich ein Gemälde
von Sebastiano Bombelli (vor 1635–1719) zum Vorbild nahm. Dieses Gemälde
befindet sich heute in Schloss Herrenstein [3] und bezeugt anhand des dargestellten kaiserlichen
Großbotschafters Bombellis Sinn für Dignität und Vorliebe für höfische
Kostümierung. Ebenso sticht es durch seine Farbigkeit,
Hell-Dunkel-Kontrastierung sowie durch die realistische und einfühlsame
Darstellung des Großbotschafters hervor, was als Kennzeichen seines
künstlerischen Stils gewertet wurde. [4]
Der in Udine geborene Maler Sebastiano Bombelli erlernte sein Handwerk in der
Malerakademie Guercino in Bologna. Um 1663 machte er sich in Venedig
selbstständig und zeichnete sich als fähiger Porträtmaler aus, der zahlreiche
Kopien von alten Meistern, wie Veronese und Tintoretto anfertigte. Seine
Karriere gipfelte in der Ernennung zum offiziellen Maler der Republik Venedig.
Seine Berühmtheit führte ihn an zahlreiche europäische Höfe wie Wien, München,
Braunschweig, Florenz, Mantua und Parma. [5]
Die für den bayerischen Hof hergestellten Porträts konnten durch Kupferstiche
von J. Sauvé identifiziert werden. [6] Antonio Luciano etwa
nahm teilweise künstlerische Elemente von Bombelli (realistische Physiognomie,
detailgetreue höfische Kostümierung) in seinem Kupferstich auf, wodurch man auch
das Gemälde in Herrenstein dem venezianischen Maler zuschreiben könnte.
Der kaiserliche Großbotschafter wird hier als Feldherr mit Perücke, Halstuch,
Kürass und Mantel dargestellt (vgl. Bildnis des
Damian Hugo von Virmont). Der ovale Rahmen des Porträts enthält
folgende Inschrift: „EXCELL[CI]S R[OMANI].I[MPERII]CO[MES] DAMIANUS HUGO
VIRMONDTIUS […] MDCCXVIIII.“ Unterhalb des Bilderrahmens befindet sich ein
Podest, das nicht nur den Namen des Kupferstechers nennt: „Ant[onio] Luciani
Venet[iae]. Vien[niae]. Sculp[sit] 1719“, sondern auch ein lateinisches Zitat
des römischen Schriftstellers Horaz: „CERTANT (!) TERGEMINIS TOLLERE,
HONORIBUS“, das dem 8. Vers der Ode 1.1. entspricht: „[…] wetteifert, ihn mit
dreigestaltigen Ehren emporzuheben.“ Im antiken Rom wurden mit den
dreigestaltigen Ehren gewöhnlich die politischen Ämter (Ädilität, Prälat und
Konsulat) bezeichnet. [7]
Die Verwendung des Zitats unter dem Bildnis verweist daher auf den politischen
Erfolg Virmonts, verkörpert durch drei mächtige Attribute, die auf einem Polster
platziert sind: Während sich das aufgeschlagene Buch auf seine Gelehrtheit
bezieht, wird sein diplomatisches Geschick durch einen Merkurstab mit Flügelpaar
und seine militärische Karriere durch einen Degen versinnbildlicht.
Im Gegensatz zur Darstellung des Großbotschafters Virmont von Georg Daniel
Heumann (vgl. Porträt des habsburgischen
Großbotschafters Damian Hugo von Virmont) hebt Lucianos Stich seine
herausragenden Eigenschaften als monarchischen Staatsmann hervor, die sich in
allegorischer Form auch in Delsenbachs Titelkupfer (Minvera pacifera) wiederfinden. Der Großbotschafter
fungierte hier als Repräsentant des Monarchen, was insbesondere durch die
Position seines Kommandostabes im Gemälde in Herrenstein angezeigt (s. Foto aus
dem Stadtarchiv Willich) wird, die eine Entsprechung in einem Reiterporträt des
Königs von England, Charles I. (1600–1649) von Bernard Baron (ca. 1696–1762)
findet. Der Letztgenannte fertigte sein Bildnis nach einem Original von Anthonis
von Dyck (1599–1641) an, das sich im Besitz des englischen Königshauses
befindet. [8]